Wenn es plötzlich hell wird …
Er bezeichnet das Erleben einer besonderen Einsicht oder Erkenntnis und wirkt wie ein Turbo auf unserem Weg zu einem Ziel - "Von Unikaten & Unikötern" hat sich bei den Menschen vom Autorenteam cumcane familiari umgehört, welcher Aha-Moment ihr Leben und ihre Arbeit mit Hund besonders geprägt hat. Bei Gerd Schreiber von "Hund & Wir" wurde er sogar zu einem Wendepunkt.
Es ist zum Verrücktwerden. Da setzt man alles daran, um vorwärts zu kommen und es tut sich - nichts. Stillstand. Rien ne va plus. Und zu allem Übel hat man keinen Schimmer, woran es liegt. Also denken wir nach. Sehen eine Menge Bäume, aber keinen Wald. Stehen auf Leitungen, haben das Gefühl, dass Groschen oder Fünfer klemmen. Doch dann, plötzlich, ist der Nebel weg, und im Schein des aufgegangenen Lichts sieht man mit einem Mal ganz deutlich, was nicht gestimmt hat. Und kommt endlich den entscheidenden Schritt weiter. Das Phänomen begleitet uns mindestens seit den alten Griechen. So soll Archimedes von Syrakus nach der Entdeckung des archimedischen Prinzips "Heureka!" (Ich habe [es] gefunden") rufend durch die Stadt gelaufen sein. Und wer die Zeichentrickserie "Wickie und die starken Männer" kennt, weiss auch, dass dem kleinen Wikinger nicht nur ein Licht, sondern gleich ein ganzer Schwarm Sterne aufging, wenn er die Lösung hatte.
Was Erkenntnis ist, und wie wir zu ihr kommen, das beschäftigt einerseits die Philosophie und andererseits die psychologische Forschung. Geprägt wurde der Begriff "Aha-Erlebnis" oder "Aha-Moment" von dem deutschen Psychologen Karl Bühler. Er definierte ihn als das schlagartige Erkennen eines gesuchten, jedoch zuvor unbekannten Sinnzusammenhanges. Das ist keine reine Kopfsache, häufig fühlt sich etwas auch "stimmig" an. Diese Ganzheitlichkeit kommt besonders im spirituell-religiösen Kontext der Erleuchtung zum Tragen. Und die lässt sich ebenso wenig zwingen wie die kleinere, profane Variante des Lichts, das einem plötzlich aufgeht. Weswegen jeder Aha-Moment auch immer etwas Besonderes ist, und sei er noch so klein.
Spike (li.) machte Gerd Schreiber klar, dass er im Umgang mit ihm auf dem falschen Weg war. Er beschritt dann in der Folge auch beruflich einen neuen Weg, auf dem ihn heute Enya begleitet.
Welche Erkenntnis aus deiner Ausbildung oder deinem täglichen Umgang mit Hunden hat dich am meisten weitergebracht, indem sie dein Training oder deine Beziehung zum Hund entscheidend verbessert hat?
Alles hat seine Zeit. Leben ist lernen und lernen ist ein Prozess, nichts geht von heute auf morgen. Entsprechend sollten wir kleinschrittig, mit einem festen Ziel vor Augen und mit viel Empathie am Verhalten eines Hundes und unserer Beziehung zu ihm arbeiten. Wenn wir seine Talente erkennen, sie nutzen und ausserdem dafür sorgen, dass wir seinen Beürfnissen gerecht werden - dann sind wir schon ein ganzes Stück weiter.
Wie war dein Leben mit Hund vor dieser Erkenntnis, wann hattest du deinen "Moment der Erleuchtung“ und wie hat dieser Moment deine Haltung oder dein Leben verändert?
Das liegt schon etwas zurück... es war 2005 oder 2006. Damals bin ich mit meinem Spike recht rauh umgegangen... ich musste ihm schliesslich zeigen, wer der Chef ist. Irgendwann hat er mich einfach stehen lassen, als ich mit ihm spielen wollte. Der damalige Trainer sagte mir, dass er sich mir entziehen würde und ich mich jetzt durchsetzen müsse, sonst hätte ich verloren. ...und das habe ich gemacht. Habe mir meinen Spike geschnappt und ... bin gegangen. Weil ich in diesem Moment gefühlt habe, dass da etwas mächtig schief läuft zwischen meinem Hund und mir, habe mich mit ihm an die Elbe gesetzt und geheult.
Damals habe ich dann eine sehr gute Freundin, Undine Nickerl, kennengelernt, und sie hat mich zu Maria Hense, einer Tierärztin und Verhaltentherapeutin, mitgenommen und zu Ute Blaschke-Berthold. Dort fand ich, was ich suchte.
Gerd Schreiber ist Mitglied im pädagogisch-kynologischen Leitungsteam von ccf und ausserdem leitet er die Hundeschule Hund & Wir im Raum Lüneburg (D).
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