SKN-Theorie

Sachkundenachweis-Theorie: Die Pflicht als Chance

Ersthundebesitzer müssen zwingend den theoretischen Teil des SKN absolvieren. Das stösst nicht bei allen auf Verständnis oder gar Begeisterung. Und so sehen sich die Hundetrainerinnen und -trainer einer Gruppe von Teilnehmenden gegenüber, die sich in Motivation, aber auch Vorkenntnissen sehr unterscheiden. In vielerlei Hinsicht eine Herausforderung. Anja Winter von der Hundeschule WauHow findet, dass man mehr aus dieser Pflichtübung machen kann. Für alle Beteiligten inklusive dem künftigen vierbeinigen Familienmitglied.

Ansicht einer Bestätigung für den absolvierten Theorieteil des Sachkundenachweises SKN
Eine Voraussetzung für das Leben mit Hund: der theoretische Sachkundenachweis

 

Vor den ersten eigenen Hund hat der Gesetzgeber seit 2008 den SKN gesetzt: Jeder Ersthundebesitzer in der Schweiz muss vor dem Erwerb des Vierbeiners einen theoretischen Sachkundenachweis, kurz SKN-Theorie, absolvieren. Themen sind die artgerechte und tierschutzkonforme Hundehaltung, die Bedürfnisse des künftigen Familienmitglieds und was an Aufwand und Kosten in den nächsten 10 bis 15 Jahren auf die Halterin oder den Halter zukommen wird. Diese Regelung bringt Menschen zusammen, die eines gemeinsam haben – sie alle wollen einen Hund in ihr Leben holen – und ansonsten sehr unterschiedlich sein können. Die einen haben sich in Büchern und Internet bereits über Rassen und Hundehaltung informiert, die andern wollen einfach einen Hund. Manche freuen sich über die Möglichkeit, einer Fachperson Fragen stellen zu können, andere wollen einfach einen Hund. Viele sehen den obligatorischen Kurs als Gelegenheit, noch mehr über Hunde zu erfahren, ebenso viele haben gar keinen Spass daran, die Schulbank drücken zu müssen – auch wenn sie das Thema interessiert –, denn sie wollen einfach nur einen Hund.

 

Als Hundetrainer steht man also vor einer bunt gemischten Gruppe ganz unterschiedlich informierter und motivierter Menschen – und das bedeutet in mancher Hinsicht eine Herausforderung. Denn wir müssen es schaffen, die Informationen so ansprechend zu verpacken, dass die Teilnehmer in möglichst kurzer Zeit Freude am Lernen entwickeln. Es müssen die obligatorischen Themen abgehandelt werden, und dann soll natürlich jeder Teilnehmer die Möglichkeit haben, seine Fragen zu platzieren.

Wir müssen darauf achten, dass die eher Zurückhaltenden nicht von den „Vielrednern“ übervorteilt werden, dass die bereits gut vorbereiteten Teilnehmer sich nicht langweilen oder die noch völlig Unbedarften überfordert sind. Das Ganze soll dann möglichst in vier Stunden über die Bühne gebracht werden, und nachher soll jeder Teilnehmer bestmöglich auf seinen Vierbeiner vorbereitet sein.

 

Drei Teilnehmerinnen eines SKN-Theorie-Kurses während des Unterrichts
Herausforderung für die Kursleitung: Vorkenntnisse und Motivation der Teilnehmenden sind unterschiedlich

 

Das gelingt in der Realität nicht immer gleich gut. In den drei Jahren, in denen ich die SKN-Theorie durchführe, hatte ich häufig das Gefühl manche Teilnehmer hätten mehr mitnehmen können, wenn ich nur etwas mehr Zeit gehabt hätte, wenn ich mehr auf sie hätte eingehen, wenn ich einfach etwas mehr über den Menschen und ihre jeweilige Situation hätte erfahren können. Aber wie sollte das gehen, unter den gegebenen Voraussetzungen?

Dann bekam ich einen Anruf. Eine Familie musste sehr kurzfristig den Sachkundenachweis machen. Sie hatten sich schon viel Zeit genommen, Züchter zu besuchen, und nun war da dieser eine Welpe, der schon bald bei ihnen einziehen könne. Eine andere Hundeschule kam für sie nicht in Frage, aber mein nächster Gruppenkurs lag in weiter Ferne. Also entschieden wir uns, den Kurs in Form eines privaten Theorieabends bei ihnen zu Hause durchzuführen.

Am vereinbarten Termin wurde ich mit Kaffee und Gebäck erwartet, wir sassen gemütlich um den Tisch – das Schulbank-Gefühl hatte keine Chance, die Atmosphäre war locker und entspannt. Und bevor wir die obligatorischen Themen in Angriff nahmen, hatten mir die Kinder bereits erzählt, worauf sie sich besonders freuten und mich mit Fragen gelöchert. Wir hatten ausreichend Zeit, die Inhalte direkt auf den Alltag der Familie zu übertragen, durch das Haus zu gehen und zu besprechen, was auf welche Art welpensicher gemacht werden muss. Wir konnten gemeinsam Familienregeln besprechen, den besten Schlafplatz für den Welpen finden, und weil es noch so viel mehr zu besprechen gab, haben wir schliesslich noch einen weiteren Termin ausgemacht.

 

Nach diesem Theorie-SKN hatte ich das erste Mal das Gefühl, den Teilnehmern wirklich gerecht geworden zu sein. Ich wusste, diese Familie ist jetzt bestens vorbereitet. Und ich hatte die Möglichkeit gehabt, ein Vertrauensverhältnis aufzubauen, wie es mir in einem Gruppenkurs nie möglich gewesen wäre.

 

Findet der SKN-Theorie im zukünftigen Zuhause des Hundes statt, dann hat das viele Vorteile für die künftigen Halter und die Hundetrainerin.
Es hat diverse Vorteile, den Theorieteil des SKN im künftigen Zuhause des neuen Familienmitglieds zu absolvieren

 

Seither habe ich auf diese Weise bereits einige zukünftige Hundebesitzer begleiten dürfen. Sie schätzen es sehr, dass ich nach Hause komme, mich terminlich nach ihrer Agenda richten kann, und wir alles Notwendige vor Ort besprechen können. Und ich kann wiederum den Kursinhalt an die jeweiligen Bedürfnisse anpassen, denn eine Familie hat nun mal andere Schwerpunkte als ein berufstätiger Single oder ein Rentnerehepaar. Immer wieder spannend sind die Gespräche, die sich entwickeln, sei es zur Lerntheorie oder zu populären TV-Trainern, ich bekomme Bücher gezeigt, die bereits gelesen wurden und werde nach meiner Meinung gefragt. Besonders befriedigend für mich als Trainerin, die ich diese Menschen ja bestmöglich auf ihr Leben mit Hund vorbereiten will: Ich habe endlich die Zeit und die Möglichkeit im Detail aufzuklären und die Themen aufzugreifen, die sie im Moment beschäftigen.

 

Selbstverständlich können oder wollen sich nicht alle künftigen Hundehalter einen privaten Theoriekurs leisten. Aber viele wissen auch gar nicht, dass diese Möglichkeit besteht. Es lohnt sich also, bei der Hundetrainerin oder dem Hundetrainer der Wahl nachzufragen, und andererseits für uns Hundetrainer, zum Beispiel auf der Homepage explizit darauf hinzuweisen. Denn von dieser Art, die SKN-Theorie zu absolvieren profitieren am Ende beide Seiten. Und nicht zuletzt der Hund.

 


Anja Winter, Inhaberin  "WauHow", mit River

- Mein Motto im Umgang mit Hunden lautet: Ich sehe es wie Astrid Lindgren „Man kann nichts in die
   Tiere   hineinprügeln, aber manches aus Ihnen herausstreicheln.“

- Der Titel des Films, in dem mein Hund die Hauptrolle hätte:  „River of Dreams“ – nicht nur, weil das
   sein vollständiger Name ist, sondern weil das Leben ihm genauso ist, wie von uns erträumt.

- Mein Lieblingsbuch zum Thema Hund: „Hundeverstand“ von John Bradshaw

- Was ich an meinem Hund besonders liebe/bewundere: Er hat mein ganzes Leben  wunderbar
   durcheinander gebracht und dabei neu geordnet.

- Mein aktueller Hund ist mein erster, er ist ein Flatcoated Retriever und heisst River, mit vollem Namen "Twilight Stars River of Dreams".

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Kommentare: 2
  • #1

    Anna Truffer (Mittwoch, 03 Februar 2016 13:18)

    Danke für diesen Beitrag. Genau so habe ich es auch erlebt. Bedürfnissgerechte Beratung bringt allen mehr

  • #2

    Anja Winter (Mittwoch, 03 Februar 2016 17:49)

    Liebe Anna, Danke für deinen Kommentar. Es ist toll, dass es auch andere so empfinden und auch bereit sind ein klein wenig Mehraufwand in Kauf zu nehmen um bessere Betreuung zu realisieren. :-)